1966 zieht Bernar Venet nach New York in direkte Nachbarschaft zu Frank Stella. Über die Dwan Gallery lernt er zahlreiche Minimal und Konzept-Künstler:innen kennen. Sprach- und bedeutungsanalytische Fragestellungen gewinnen in Venets Arbeiten vermehrt Raum – parallel zu seinem Interesse an den Schriften des Semiotikers Jacques Bertin. Bertins Überlegungen zum Inhalt sprachlicher Zeichen verbinden sich mit dem von ihm geprägten Begriff des ›Monosemischen‹. Als monosemisch wird etwa eine technische Zeichnung begriffen, die nur eine einzige Bedeutung besitzt, nämlich genaue Angaben darüber zu machen, wie ein Maschinenteil gebaut werden soll. Diese Buchstäblichkeit wird Mitte der 1970er-Jahre Kennzeichen von Venets Malerei, es entsteht unter anderem die Arbeit 2 angles supplementaires (131° und 49°). Die beiden Winkel ergänzen einander und formen einen Halbkreis – eine Bildform, die den ›shaped canvases‹ eines Frank Stella vergleichbar ist. Venet etabliert mit dieser Bildform eine Rationalität, deren Hauptmerkmal die ›determinierte Linie‹ ist – eine Linie, die allein durch mathematisches Kalkül ihre Form gewinnt.