Seit Ende der 1990er Jahre hat Sanguineti am Computer entwickelte 3D-Worte nachbauen lassen und diese in einer Art ›Simulation der Simulation‹ wieder in den dreidimensionalen Raum übersetzt. tilt funktioniert auf den ersten Blick wie ein demontiertes Firmenlogo, das die weithin leuchtende Präsenz eines Konzerns oder Markennamens garantierte. ›tilt‹ erscheint in der Anzeige des Flipperautomaten, wenn der Spieler den Automaten unzulässig rüttelt und das System sich abschaltet. Bei dem hinterlegten Zeichen handelt es sich um das Biohazard Zeichen für hoch infektiöses Material, das mit dem großen Chemie-Skandal um die amerikanische Firma Dow Chemicals Ende der 1980er Jahre verknüpft ist. Es eröffnet für den Betrachter einen Assoziationsraum zum Begriff der Infektion, die bekanntlich biologische Systeme zum Kippen bringen kann. So lassen sich in Sanguinetis tilt eine Vielzahl unterschiedlicher Ebenen verknüpfen: die Ansprüche der ›bürgerlichen Avantgarde‹ bis hin zur Concept Art verbinden sich mit der Viren- und Kontaminierungshysterie des gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Systems; das Verhältnis vom Realen zum Fiktiven verknüpft sich mit der Problematik des Bild-Raumes und seinem Ort (z.B. Stella); das Verhältnis von Bild und Sprache geht über in die verdinglichte Form als Ware etc. In dieser Sicht verortet sich tilt, sowohl in kunstpolitischen wie gesellschaftspolitischen Bezügen.