Die Ausstellung ›Evoking Reality‹ widmet sich zeitgenössischen Strategien, die sich von etablierten Darstellungsprinzipien und gängigen Narrativen des Fotojournalismus distanzieren, um ein offenes Wirklichkeitsbild entstehen zu lassen, das auf eine kritische Sensibilisierung des Betrachters zielt. Angesprochen wird ein kritisches Bewusstsein bezogen auf mediale Vermittlungs- und Darstellungsweisen, die das Auge mittels wiederkehrender Leidensbilder und Gewaltszenen seit Jahrzehnten prägen. Ausgehend von einer Re-Lektüre der Publikation ›Das Leiden Anderer betrachten‹ (2005) von Susan Sontag befasst sich die Ausstellung ›Evoking Reality‹ mit aktuellen medialen und konzeptuellen Herangehensweisen an politische, öffentliche und daraus resultierende private Konfliktsituationen. Das Ineinanderblenden von Fiktion, Inszenierung, Konstruktion und Realität verunsichert den Betrachter, der jene Verfremdungsstrategien zugleich unerwartet als realitätsstiftendes Moment erfährt. Offenheit und Vieldeutigkeit fordern den Betrachter auf, sich das Geschehen selbst zu erschließen, visuelle Impulse zu reflektieren und teils auch intellektuell zu revidieren. Wirklichkeit wird als fragiles Konstrukt erfahren, das aus unterschiedlichen Perspektiven stets seine Gestalt ändert. Die Werke dieser Ausstellung evozieren ein Realitätsmoment, das eben durch Vieldeutigkeit, Widersprüchlichkeit, Interkonnektivität und Relativität unsere globale Lebensrealität greifbar werden lässt.
Die kostenlose Online-Publikation enthält Essays von Renate Wiehager, Nadine Isabelle Henrich, Wiebke Hahn und Friederike Horstmann. Hierbei stehen Themenfelder der postkolonialen Theorie und jüngsten Fotografiegeschichte im Zentrum der Beiträge.