Das Werk von Fang Lu zählt zu jenen künstlerischen Positionen, die an einer Befragung und Erweiterung der Kategorien von Produktion und Rezeption, Kommunikation und Interaktion im Grenzbereich zwischen Theater, Performance und Videokunst arbeiten. Auch Cinema thematisiert die Überschreitung von Gattungsgrenzen. Trotz des Titels wird kein konventioneller Kinoraum, sondern ein Theaterraum gezeigt. Vier Kameras richten sich auf die Aktionen einer weiblichen Protagonistin, die gleichzeitig die Rollen von Produzentin und Rezipientin übernimmt. Perspektivwechsel bestimmen nicht nur die Produktion: Die Aufnahmen der unterschiedlichen Kamerapositionen werden im Ausstellungsraum auf drei Großprojektionen und vier Fernseher präsentiert. Während des interaktiven Prozesses der Bildergenerierung können wir nicht wissen, ob die Aktionen der Performerin improvisiert oder inszeniert sind, und inwieweit die Bewegungen ihres Körpers und der Konsole sich fokussieren auf das eigene Bild und die Internalisierung fremder Blicke. Als digitales Panoptikum mit multiplen Sichtbarkeitsver-hältnissen zeigt das komplexe Beobachtungsszenario in Cinema vielmehr eine ambivalente Freiheit, die zwischen Selbstermächtigung und Selbstregulation changiert. Dass neue Bildtechnologien nicht nur Effekte und Affekte prozessieren, sondern auch ein Blickregime der Überwachung darstellen können, wird in Cinema nur allzu deutlich.