Santiago Sierras Kunst demonstriert ein an Fakten gebundenes Denken, das die Welt ausschließlich in messbaren Größen, in ihren Gebrauchs- und Tauschwerten ordnet. Die Werktitel, die Sierras Aktionen benennen, lesen sich in ihrer Buchstäblichkeit entsprechend nüchtern: 10 Personen, die dafür bezahlt wurden, zu masturbieren (Havanna, 2000) oder 111 Konstruktionen mit 10 Elementen und 10 Arbeitern (Zürich, 2004) beschreiben nur einige, von Sierra aus dem Alltag isolierte Jobsituationen. Sierras soziale Formalisierungen provozieren Fragen nach der existenziellen Notwendigkeit des Einzelnen, das nackte Leben, egal wo und wofür, zu verkaufen – es insofern zu verdinglichen. Mensch und Körper sind Arbeiter und Arbeitskraft, die zum Objekt und zur Ware werden: Dieses ökonomische Gesetz stellen Sierras Aktionen plastisch vor Augen, indem sie mit dem Gebrauch einer minimalistischen Ästhetik einhergehen. Im Gegensatz dazu gelangt mit Sierras Aktionen der soziale Raum wieder in das Zentrum der Aufmerksamkeit.