In Evidence, 2012, widmet sich Liu Ding seiner eigenen künstlerischen (Aus-) Bildung. In einem Regal hat er verschiedene chinesische Kunstmagazine und –bücher aus seiner Studienzeit zusammengetragen. Diese konfrontiert er einerseits mit Artikeln, Abbildungen und Diapositiven aus der westlichen Kunstwelt, welche in einem akademischen Umfeld zugänglich waren, andererseits mit eigenen und gesammelten Gemälden sowie Zeichnungen. So gestattet Evidence dem Betrachter ein Blick in den Bilderkosmos eines chinesischen Kunststudenten der 1990er Jahre, der sich rückblickend eingesteht, dass neben der kanonisierten Kunstgeschichtsschreibung jene Referenzen ebenso wichtige Einflüsse waren, »die nicht aus unserem Gedächtnis und unserer Erfahrung von Kunst gelöscht werden können. Sie sind gleichermaßen bedeutend und relevant, obwohl sie gewissermaßen an den Rand unseres Wertsystems gedrängt worden sind. Ich möchte verstehen, wie diese Referenzen mein eigenes Denken heute tangieren«. (L.D.) Liu Ding zufolge ist dieses Fundament nicht allein durch individuelle Erfahrungen geprägt, sondern es ist zugleich durch die damals geltenden Normen und Möglichkeiten seiner unmittelbaren Umgebung bestimmt. In diesem Sinne wagt Evidence einen persönlichen Rückblick auf die Rahmenbedingungen der jüngeren chinesischen Kunstgeschichte.