Das formal vielgestaltige Werk Tobias Rehbergers, der an der Hochschule für Bildende Künste – Städelschule in Frankfurt am Main bei Martin Kippenberger und Thomas Bayrle studierte, zählt zu den interessantesten Positionen deutscher Gegenwartskunst. Die raumgreifende Installation Aus Wien, 2014, kombiniert eine skulpturale, polychrome Deckenlampe mit einer großformatigen Collage. In Vogelperspektive blickt der Betrachter auf das bunte Treiben des Bad Cannstatter Wasens in Stuttgart, den der Betrachter jedoch, verleitet durch den Titel, als Wiener Prater identifizieren möchte. Das Werk entstand als Teil einer großen, ortsbezogenen Installation für den Esslinger Kunstverein in der Villa Merkel, Esslingen. Aus großer zeitlicher und räumlicher Distanz blickte Tobias Rehberger zurück auf die Region seiner Geburtsstadt Esslingen, auf die vertraute Umgebung der Kindheit. Die auf Raummaße konzipierten Aquarelle hielten topographische Stationen seiner persönlichen Landkarte fest. Dabei stand baulich Absonderliches (Stuttgarter Gaskessel) gleichwertig neben Weltkulturerbe (Weißenhofsiedlung), urban Verschrobenes (Dreifarbenhaus) neben historisch Aufgeladenem (Stammheim). Neu konzipierte Lampenobjekte in den Erdgeschossräumen der Villa Merkel leuchten ferngesteuert und synchron zur Wohnbeleuchtung ausgewählter Haushalte in Deutschland und Europa. Rehbergers Werk inszeniert den schmalen Grad zwischen angewandter Gestaltung und autonomem Kunstwerk, die Schnittstellen zwischen Zweck und Ästhetik, Original und Kopie, individueller Autorenschaft und Ko-Produktion, Permanenz und Vergänglichkeit. »Das Aufgreifen und Weiterverarbeiten vorgefundener Elemente und Konzepte und deren Transformation in einen anderen Kontext zur Schaffung von etwas Neuem zieht sich durch meine gesamte Arbeit […]. Prinzipien wie Ordnung, Fragmentierung, Heterogenität, Diversifizierung, Komplexität sind dabei für mich gleichermaßen relevant.« (T.R.)[1]
[1] Tobias Rehberger, in: zu Salm, Christian (Hg.): Manifesto Collage. Über den Begriff der Collage im 21. Jahrhundert, Ausstellungskatalog, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, 23. Mai – 17. September 2012, Nürnberg 2012, S. 120.