Rückstände von Farben und die ›Kollaboration‹ mit Menschen sind der Ausgangspunkt für die Readymade-Skulptur Rolling Gate No. 6, 2015, die einer Serie von neun Toren entstammt. Alle Tore dieser Werkgruppe stammen aus Wuhan, einer Millionenstadt in der Provinz Hubei in Zentralchina. Wie viele andere industriell geprägte Städte in China erlebt Wuhan einen rasanten, aber ebenso gefährdeten Aufschwung, der nicht nur ökologische Gleichgewichte aushebelt, sondern auch im sozialen Gefüge tiefgreifende Spuren hinterlässt.
In dieser Werkgruppe analysiert Wu Hao die (unbeabsichtigte) Existenz und Materialität abstrakter Malerei im urbanen Raum. Der Künstler hat das Rolltor einem Ladenbesitzer in Wuhan abgekauft bzw. es durch ein neues Tor ersetzen lassen und es, bis auf seine Signatur, vollkommen unverändert belassen. Das zum Bild gewordene Objekt bezeugt den Kampf um die Vorherrschaft zwischen den öffentlichen Autoritäten (cheng guan [Stadtverwaltung]) und der Bevölkerung Wuhans: Sobald die Arbeitssuchenden ihre Telefonnummer auf den Toren hinterlassen haben, um ihre Dienste feilzubieten, werden diese von den Ordnungshütern – zum Zwecke der ›Stadtverschönerung‹ – mit breiten Streifen übermalt oder abgekratzt. Dieses über Wochen und Monate andauernde Katz-und-Maus-Spiel resultiert in zahlreichen, nicht-unbunten Schichten von Farbe, die regelmäßig wieder von Zahlenkolonnen überdeckt werden.