Trash oder Treasure? Bildhauer oder Fotograf? Installation oder Display? Die Fragen, die sich vor den Werken des in Oslo geboren und in Berlin lebenden Künstler Marius Glauer auftun, sind vielgestaltig und weitreichend. In seinem künstlerischen Schaffen gibt es keine klaren Abgrenzungen und die Unterscheidungen zwischen „high or low“, abstrakt oder konkret, organisch oder digital, ernsthaft oder ironisch, sexy oder obszön werden undeutlich. Glauer durchmisst mit seinen Werken die gesamte materielle und diskursive Bandbreite dessen, was als „Fotografie“ gelten kann. Dabei ist der Grenzbereich zwischen digitaler Fotografie und Bildhauerei sein auserkorenes Steckenpferd. Seit seinem Abschluss – als Meisterschüler von Josephine Pryde an der UdK Berlin – finden sich bevorzugt bizarr gemusterte Stoffe, Alltagsgegenstände, wie Taschen, Blumen, Bürobedarf oder Verpackungsmaterial, aber auch unbeständige Materialien, zum Beispiel Tinte oder Sprühsahne, und immer wieder verschiedene Lentikularfolien in seinen Bildern. Diese kennt man aus Postkarten, bei denen sich das Motiv je nach Blickwinkel des Betrachters verändert. Je nach Perspektive entsteht so ein gänzlich anderes Bild, wie auch in den „shootings“ von Marius Glauer.
Die Materialität und das „Thema“ seiner performativen Versuchsanordnungen ergeben sich stets aus ihren Vorgängern und nicht selten auch aus biografische Begebenheiten. Die Einzelbilder seiner in Serien entstehenden Werkgruppen sind digital fixierte „Prototypen – fotografische „Stillleben“ seiner Materialassemblagen „im Flowzustand“ (M.G.). Sie werden meist nur in kleiner Auflage als digitale C-Prints abgezogen. Adorno schreibt, das wahre Intention erst beim Verzicht auf die Intention möglich wird. So blickt Glauers Kamera intim und zugleich entblößend auf die „Hauptdarsteller“: Glitzernde Oberflächen und reflektierende Folien wandeln sich in monumentale Fassaden, Maßstäblichkeit wird in Frage gestellt, Stoffdetails und Lichtbrechungen werden zu hyperrealen Highlights vergrößert. Glauer untersucht die visuelle Relevanz seiner ephemeren Ensembles und hinterfragt deren Übersetzbarkeit in die fotografischen Zwei-Dimensionalität. Das von der Mercedes-Benz Art Collection erworbene Untitled II, 2015, gehört zu einer nur drei Motive umfassenden Werkgruppe, in der der Künstler mit einer dreifarbigen Foliengirlande, einem transparenten Plexiglasrohr und schwarzer Tinte experimentierte.
Die Fotografien Marius Glauer sind nichts Abgeschlossenes oder Fixiertes, vielmehr sind sie Spuren auf der Suche nach etwas Neuem, „das aufgenommen werden kann, um wiederum hinterlassen zu werden“(M.G.). Ihr Anliegen ist es, die Möglichkeiten der Fotografie zu erweitern und mediale Beschränkungen zu hinterfragen. Dabei entstehen Bildern aus der Zukunft oder auch „fotografische Science Fiction“ (Simon Elson).
“Rock’n Roll every night, underneath the neon light.“